Der Anschlag in Istanbul, der 10 Tote und 15 Verletzte gefordert hat, ist eine Folge der türkischen Politik gegenüber den Kämpfern der Terrormiliz „Islamischer Staat“, meint Ilias Kuskuvelis, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Mazedonien.
„Die Türkei leidet unter den Folgen ihrer Politik, die informelle Beziehungen zum ‚Islamischen Staat‘ geschaffen hat“, sagte der Professor im Interview dem Rundfunksender „Agenstwo 104,9 FM“.
Kuskuvelis zufolge ist es seit 2011 eine international anerkannte Tatsache, dass die Türkei Verbindungen zu den so genannten „Kämpfern“ im Norden des Iraks und in Syrien besitzt.
„Sie hat ihnen geholfen, hat mit Erdölprodukten gehandelt, und deshalb gab es Prozesse des Hinüberfließens zwischen der Bevölkerung und diesen ‚Kämpfern‘ – fanatischen Anhängern des ‚Islamischen Staates‘, die sich auf ihrem Territorium befinden“, sagte er.
Der Professor erinnerte daran, dass Griechenland zusammen mit anderen europäischen Ländern über den fehlenden Grenzschutzes gesprochen habe, aber Ankara hatte es abgestritten.
Auf die Frage, ob das Nachbarland genötigt sein werde, nach dem gestrigen Terroranschlag sein Verhältnis zu den IS-„Kämpfern“ zu überdenken, erwiderte Kuskuvelis, dass auf politischer Hauptebene bereits versucht werde, den Kurs zu ändern, und in diesem Zusammenhang werde den westlichen Ländern, die an den Operationen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ teilnehmen, militärische Hilfe erwiesen.
Kuskuvelis schließt nicht aus, dass der blutige Terroranschlag eine Reaktion des IS auf das veränderte Verhältnis gegenüber den Kämpfern ist.
Die Terrormiliz IS stellt heute eine der größten Bedrohungen für die weltweite Sicherheit dar. In drei Jahren konnten die Terroristen bedeutende Territorien des Iraks und Syriens besetzen.
Außerdem versuchen sie, ihren Einfluss auf die Länder Nordafrikas, insbesondere auf Libyen, auszudehnen. Nach verschiedenen Einschätzungen erreicht das vom IS kontrollierte Territorium bis zu 90.000 Quadratkilometer. Die Angaben zur Mitgliederstärke der extremistischen Organisation variieren zwischen 50. 000 und 200.000 Kämpfern („Revolte“ von Geheimdienstprofis: Behördenberichte über den IS verfälscht).
Reiseführerin verhinderte noch mehr Opfer
Die türkische Reiseführerin Sibel Satiroglu hat die deutschen Touristen Sekunden vor der Explosion gewarnt und noch mehr Tote verhindert, wie die Zeitung Hurriyet am Mittwoch schreibt.
„Ich war gerade dabei, die Gruppe von 20 bis 25 deutschen Touristen über den ägyptischen Obelisken zu informieren, als ich ein Klickgeräusch hörte. Mir kam das Geräusch nicht normal vor und ich habe nach rechts geschaut. In der Gruppe sah ich einen jungen Mann, der wie ein türkischer Staatsbürger aussah. Er war modern angezogen, hatte ein sauberes Gesicht und trug einen Kinnbart. Ich sah, wie er die Zündung der Bombe zog und schrie auf Deutsch ‚Lauft weg‘. Wir sind losgerannt, in diesem Moment ist die Bombe explodiert“, zitiert die Zeitung Satiroglu.
Die Fremdenführerin selbst überlebte den Anschlag mit leichten Verletzungen an Füßen und Ohren.
Bei einem Selbstmordanschlag auf dem Sultanahmet-Platz vor der berühmten Blauen Moschee in Istanbul kamen am Dienstag mindestens zehn Menschen ums Leben, weitere 15 wurden verletzt.
Ein Selbstmordattentäter hatte eine Sprengladung mitten in einer Reisegruppe gezündet. Unter den Verletzten sind vorläufigen Angaben zufolge acht Deutsche und zwei Peruaner. Es gibt auch Medienberichte über betroffene Staatsbürger Norwegens.
Fünf Verdächtige sind in der Türkei inzwischen im Zusammenhang mit dem Anschlag in Polizeigewahrsam. Im gesamten Land wurden bei Razzien gegen mutmaßliche IS-Anhänger seit Dienstag mehr als 70 Menschen festgenommen, unter anderem in Antalya.
Terror trifft Türkei und Deutschland
Der Täter soll unterschiedlichen Angaben zufolge ein 28-jähriger Syrer oder Saudi-Araber sein. Vor einigen Tagen sei er aus Syrien in die Türkei eingereist. Er habe laut türkischem Innenminister Efkan Ala nicht auf der Liste mutmaßlicher IS-Mitglieder gestanden, auch hat sich bisher keine Terrororganisation zu der Tat bekannt. Trotzdem geht Ankara davon aus, dass es sich um einen Anschlag des Islamischen Staates handele.
Das würde ins Bild passen. Denn sowohl Deutschland als auch die Türkei unterstützen die US-angeführte Anti-IS-Koalition militärisch (Merkel holt den Terror nach Deutschland: Krieg? Wir schaffen das! (Video)).
Der türkische Militärflughafen Incirlik wird für Luftschlage gegen den IS in Syrien genutzt und seit Freitag sind dafür auch zwei „Tornado“-Jets der deutschen Bundeswehr im Einsatz. Nach dem Anschlag wird das in Deutschland erneut die Frage aufwerfen, wie gefährlich es ist, sich an der Anti-IS-Koalition militärisch zu beteiligen – was ohnehin schon umstritten ist.
Terrorbedrohung gleicht „tickende Zeitbombe“
Auch in der Türkei wird das schon seit Monaten diskutiert. Lange hielt sich Ankara mit ihrer Unterstützung der Koalition zurück und konzentrierte sich mehr auf den Kampf gegen die PKK. Doch spätestens seit den Terror-Attentaten von Ankara und Suruç im letzten Jahr ist deutlich, dass es in der Türkei ein weitverzweigtes IS-Netzwerk gibt, zu dem sowohl türkische als auch ausländische Anhänger gehören. Die Behörden haben davor zu lange die Augen verschlossen, beklagen oppositionelle Medien.
Wer aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien in die Türkei einreiste, wurde in den ersten Jahren des Krieges nur sporadisch dokumentiert. Extremisten konnten auf diese Weise wohl ihren Nachschub an Munition und Kämpfern über die Türkei organisieren und Schläferzellen im Land aufbauen (USA bestätigen: IS-Öl fließt in Türkei – Waffen aus aller Welt machen IS-Gräuel möglich).
Doch die türkische Regierung will mittlerweile zeigen, dass sie ihr Vorgehen gegen den IS verschärft hat. In den letzten Monaten seien 3318 Personen im Zusammenhang mit dem Islamischen Staat und anderen radikalen Organisationen in der Türkei festgenommen worden, erklärte heute Innenminister Ala. Leicht dürfte es an diesem Punkt aber nicht werden, der Lage Herr zu werden – die konservative türkische Tageszeitung Hürriyet nannte die Terrorbedrohung eine „tickende Zeitbombe“.
Explosion nahe Polizeirevier in Türkei
Bei der Explosion eines mit Sprengstoff gefüllten Autos im Südosten der Türkei ist die Zahl der Todesopfer auf 5 Personen gestiegen, 36 sind verletzt worden. Das berichtet BBC unter Berufung auf türkische Medien.
Video:
Keine der Terrorgruppierungen habe bis jetzt die Verantwortung für den Anschlag übernommen. Die türkische Regierung beschuldigte die Kämpfer der im Land verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (NATO und EU am Terrorismus beteiligt: Wie Bulgarien Drogen und Waffen an al-Qaida und an IS lieferte).
(Screenshot)
Brutaler Staatsterror in der Türkei – Schützenhilfe durch Merkel-Regierung
In der Türkei verschärfen sich die bürgerkriegsähnlichen Zustände in den kurdischen Gebieten. Gleichzeitig wird die Faschisierung des Staatsapparates in der gesamten Türkei massiv vorangetrieben. Mit Panzern, Kampfhubschraubern, Soldaten, Spezialeinheiten und Polizisten gehen türkische „Sicherheitskräfte“ gegen die kurdische Zivilbevölkerung in mehr als 17 Ortschaften im Nordkurdistan vor, in denen eine totale Ausgangssperre verhängt worden ist.
Scharfschützen machen es unmöglich, die Häuser zu verlassen. Die Zahl der getöteten Zivilisten ist seit Juni auf mehr als 200 gestiegen. Rund 200.000 Menschen befinden sich derzeit auf der Flucht aus den angegriffenen Gebieten. Gleichzeitig werden in der gesamten Türkei fortschrittliche und revolutionäre Menschen verfolgt und bei Polizeieinsätzen regelrecht hingerichtet – darunter Mitglieder des ICOR-Mitglieds MLKP.
Jede Kritik an Präsident Recep Tayyip Erdogan wird geahndet, gegen kritische Zeitungen wird vorgegangen. Kritiker der Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an den IS wurden verhaftet. Rollkommandos aus dem Milieu der faschistischen „Grauen Wölfe“ und aus Dschihadisten gebildete Sondereinheiten („Gottes Löwen“) dürfen ungestraft wüten. 20 Bürgermeister und 3.000 politische Repräsentanten der kurdischen Bewegung sind mittlerweile verhaftet.
Der brutale Staatsterror ist Ausdruck der Defensive des türkischen Regimes aufgrund der Erfolge des kurdischen Befreiungskampfes in Rojava (Westkurdistan) gegen den faschistischen IS. Dadurch werden die neoimperialistischen Bestrebungen der Türkei, ihren Einfluss im Nahen und Mittleren Osten auszudehnen, gefährdet. Ein wichtiger militärischer Erfolg der kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer aus Rojava war Ende Dezember die Eroberung der Stadt Tishrin und des strategisch wichtigen Staudamms.
Die europäischen Regierungen lassen Erdogan mit seinem faschistoiden Staatsterror gewähren und leisten ihm sogar Schützenhilfe. Sie setzen auf sein diktatorisches Regime, um die Flüchtlingsströme vor Europas Grenzen zu stoppen. Bei den sechs geplanten Aufnahmezentren handelt es sich laut Amnesty International „in Wahrheit um Haftzentren“. Dafür lockt die EU, allen voran die deutsche Regierung, Erdogan mit 3 Milliarden Euro und der Mitgliedschaft in der EU.
Kein Wort der Kritik an dem Terror in der Türkei durch Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Im Gegenteil, islamistische Kräfte in Syrien werden als„gemäßigt“ hingestellt, dafür aber die entscheidende politische Kraft in Rojava beschuldigt: „Dass die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) Mitglied des Nationalen Koordinationskomitees für Demokratischen Wandel der Syrischen Kräfte ist, sieht die Bundesregierung jedoch als politische Belastung aufgrund der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen des militärischen Arms der PYD.“¹ Die PYD und ihre Einheiten sind die Kraft, die bisher die entscheidenden Erfolge im Kampf gegen den IS erzielt haben, weshalb ihr Ansehen weltweit wächst.
Genauso empörend ist die Antwort der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer auf eine Anfrage. Man billige Erdogan „harte Reaktionen“ im „Antiterror-Kampf“zu, dränge jedoch auch zur „Mäßigung“.² Mit dieser Rechtfertigung leistet die Bundesregierung dem Staatsterror in der Türkei offene Schützenhilfe. Das liegt auf einer Linie mit dem Festhalten am Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und der aktuellen Inhaftierung von sieben kurdischen Politikern allein in Deutschland – so viele wie schon lange nicht mehr. Ein Bestandteil der Unterstützung des kurdischen Befreiungskampfes und der Solidarität mit dem Aufbau in Rojava ist es deshalb, auch die reaktionäre Rolle des BRD-Imperialismus aufzudecken und zu bekämpfen. Die MLPD setzt das mit dem Solidaritätspakt der ICOR mit dem kurdischen Befreiungskampf aktiv in die Tat um.
¹) Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zur „Einmischung der NATO-und GCC-Staaten in den syrischen Bürgerkrieg und so genannte gemässigte Oppositionsgruppen in Syrien“ (Nr. 18/7114)
²) Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage (Nr. 12-219)
Weitere Explosion in Jakarta – Präsident spricht von Terrorangriff
Hinter der Serie von Explosionen in der indonesischen Hauptstadt Jakarta steht laut Polizeiangaben eine Terrorgruppe von etwa 14 Mitgliedern. Unter ihnen gebe es auch mindestens drei Selbstmordattentäter.
In seinem Appell an die Bevölkerung bewertete Indonesiens Präsident Joko Widodo die Explosionsserie als einen Terrorangriff. „Diese Terrorakte werden uns nicht besiegen, und ich hoffe, dass die Öffentlichkeit Ruhe bewahren wird. Wir trauern um die Toten und verurteilen das, was unsere Sicherheit und unseren Frieden gestört und Angst unter den Menschen gesät hat“, wird der Präsident von AFP zitiert.
Video:
Einer der Sprengsätze explodierte vor einem Handelszentrum im Stadtviertel, in dem sich Luxus-Hotels, Botschaften und Bürogebäude befinden.
Hintergründe noch nicht bekannt
Über die Hintergründe des Attentats ist noch nichts bekannt, Experten sehen aber einen Zusammenhang mit Drohungen der Terrorgruppen „Islamischer Staat“ und Al Kaida. Beide hatten in den vergangenen Wochen zum Heiligen Krieg in Indonesien, Malaysia und auf den Philippinen aufgerufen.
Der Islamwissenschaftler Greg Barton erklärt: „Es ist nicht überraschend, dass der ‚Islamische Staat‘ Jakarta zu seiner Basis machen will. Die islamischen Organisationen hier sind schwach, der ‚Islamische Staat‘ verspricht sich viel Unterstützung. Sogenannte weiche Ziele in Innenstädten passen zu einer vom ‚Islamischen Staat‘ koordinierten Aktion.“ (IS, al-Kaida, Taliban – alle „unsere Jungs“?)
Die Nachrichtenagentur AFP berichtet, dass laut Polizeiangaben die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ vor den Bombenexplosionen in Jakarta eine rätselhafte Drohung ausgesprochen hatte. „Die Warnung lautete, dass es ein Konzert in Indonesien geben werde, über das weltweit berichtet würde“, sagte Polizeisprecher Anton Charliyan. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
Erhöhte Alarmbereitschaft
In der Vergangenheit hat die Dschihadisten-Gruppe Jemaah Islamiyah immer wieder Anschläge in Indonesien verübt. Seitdem die Behörden die Vereitelung einer geplanten extremistischen Attacke auf Regierungsvertreter, Ausländer und andere Personen meldete, herrscht in dem südostasiatischen Land erhöhte Alarmbereitschaft.
Am jüngsten Silvesterabend wurden rund 150.000 Polizisten und Soldaten entsandt, um Kirchen, Flughäfen und andere öffentliche Orte zu sichern. Mehr als 9000 Polizisten wurden zudem auf Bali aufgeboten, wo sich 2002 die bislang folgenschwerste Terrorattacke in dem Land mit 202 Toten ereignete.
Der “Krieg gegen Terror” verhindert Terrorismus nicht, sondern produziert ihn. Die 1,5 Millionen Menschen, die diesem Krieg bisher zum Opfer gefallen sind – in Afghanistan, Pakistan, Irak, Libyen, Syrien… – sind nicht für eine friedlichere Welt gestorben, denn ihre Ermordung hat in diesen Ländern Chaos und Rechtslosigkeit geschaffen und den Boden nicht für weniger, sondern für mehr Terrorismus bereitet.
Video:
Nachtrag Donnerstag 13:18 Uhr.
Der Terroranschlag in Jakarta soll auf das Konto der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gehen. Das gab die Organisation selbst bekannt. Kämpfer des IS hätten ausländische Bürger und Sicherheitskräfte in Jakarta angegriffen, meldete die als Sprachrohr der Extremisten geltenden Nachrichtenagentur Al-Amak im Internet. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Die Nachrichtenagentur AFP hatte berichtet, dass laut Polizeiangaben der IS vor den Bombenexplosionen eine rätselhafte Drohung ausgesprochen hatte. „Die Warnung lautete, dass es ein Konzert in Indonesien geben werde, über das weltweit berichtet werde“, sagte Polizeisprecher Anton Charliyan. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
Literatur:
Die Weltbeherrscher: Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA von Armin Wertz
Inside IS – 10 Tage im ‚Islamischen Staat‘ von Jürgen Todenhöfer
Der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg von Peter Orzechowski
11.9. – zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes von Mathias Bröckers
Quellen: PublicDomain/broeckers.com/de.sputniknews.com/rf-news.de am 14.01.2016
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